EU/USA-Gipfel: Hände schütteln, neue Freundschaft, Bündnispflege. Die Mainstream-Medien melden unisono: Obama, Van Rompuy und Barroso einig gegenüber Russland.
Lassen wir alle diplomatischen Schnörkel weg, konzentrieren wir uns für einen Moment nur auf die zentrale Botschaft des Tages. Was soll der Öffentlichkeit als Ergebnis der Ukraine/Krim-Krise jetzt verkauft werden?
Zwei Zitate aus dem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Donnerstag, 27.03. über das Brüsseler Treffen mögen genügen:
Da heißt es erstens – „Zur erneuerten transatlantischen Freundschaft gehört auch die geplante Freihandelszone, über die Brüssel und Washington nun schon seit einiger Zeit verhandeln“. Deren beschleunigte Verwirklichung, so die Botschaft der Brüsseler Konferenz, stehe nun auf der Tagesordnung, um Europa von der energiepolitischen Abhängigkeit zu befreien. „Obama sagt, dass der erfolgreiche Abschluss des Abkommens es erleichtern würde, mehr Exportlizenzen für amerikanisches Flüssiggas nach Europa auszustellen.“ Unter der Überschrift „Der Preis der Demokratie“ werden bisher hinter verschlossenen Türen gehaltenen Details aus der bisherigen Verhandlung des Projektes berichtet.
Zweitens – die N ATO „kehrt jetzt wieder mehr in ihre alte Funktion als sicherheitspolitischer Anker Amerikas in Europa zurück.“ Obama versichere den Ost-europäischen NATO-Mitgliedern, dass sie sich darauf verlassen könnten, „dass die Allianz sie gegebenenfalls gegen Russland verteidigen würde“. Dazu ist das Bild der übereinander gelegten Hände von Obama, van Rompuy und Barroso gestellt. Gesten einer globalen Kameraderie.
Ein zentrales Motiv hinter der Ukraine-Krise leuchtet hier auf: Es geht nicht nur um die Konkurrenz zwischen Freihandelszone der Europäischen Union und Freihandelszone der Eurasien Union. Es geht um die Zurückdrängung Russlands durch die rund um die Grenzen Russlands herum geplante „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP), die weit über die Zone der Europäischen Union hinausgreift – dies aber unter klarer Ausgrenzung Russlands.
Diesem Projekt entspricht von der anderen Seite Eurasiens die Entwicklung einer „Transpazifischen Partnerschaft“ (TTP), die ganz Asien umspannen soll – dies aber unter ausdrücklicher Ausgrenzung Chinas.
Was mit diesen Projekten geplant ist, läuft auf eine die heutige Nationalstaatsordnung beiseite schiebende globale Monopolordnung hinaus. Mit überstaatlichen Schiedsgerichten, vor denen die Monopole das Recht haben sollen, Investitionsschutz von Staaten einzuklagen, in denen sie tätig sind, würde, wenn die Projekte Wirklichkeit würden, einzelstaatliche Gerichtsbarkeit ausgehebelt, ganz zu schweigen von demokratischer Mitwirkung der Bevölkerungen. Die Ausgrenzung von Russland und China lässt zudem erkennen, in wessen Interesse diese Pläne liegen, nämlich USA/EU, atlantischer Block auf der einen Seite Eurasiens, USA/Japanischer Block auf der anderen. China und Russland werden in die Klammer genommen. Es ist klar, dass Russland ebenso wie China dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen kann. Die Ukraine ist in diesem Spielplan nur eine Figur – wenn auch eine entscheidende, solange sie geeignet ist, Russland zu schwächen und USA/EU auf dem alten Niveau von Führungsmacht und Juniorpartner erneut zusammenzuschmieden. Das dies die EU, insbesondere Deutschland zugleich schwächt, liegt in der Logik dieser Beziehung. EU-Versprechen auf Integration gegenüber der Ukraine sind das Papier nicht wert, auf dem stehen. Hier geht es um mehr: um ein auf lange Sicht angelegtes reaktionäres Bündnis zur Erhaltung der atlantischen Hegemonie unter einem erneuerten US-Führungsanspruch.
Kai Ehlers