Die Ereignisse in und um Syrien veranlassten uns, der Frage heute mögliche Alternativen nachzugehen. In Syrien laufen die Kraftlinien gegenwärtig in einer Weise zusammen, aus der strategische Weichenstellungen für die weitere Entwicklung der globalen Kräfteverhältnisse hervorgehen – sowohl innerhalb der herrschenden Mächte als in Hinsicht auf mögliche oder nötige alternative Perspektiven.
Konkret tritt im Syrienkonflikt die Ablösung der USA als einzige Weltmacht jetzt für die langsamsten Beobachter unübersehbar hervor. Das schließt ein von den USA abhängiges Europa mit ein, das in der entstehenden multipolaren Welt eine eigene Rolle erst noch finden muss. Russland ist stattdessen als vermittelnde Kraft aufgeschlossen.
Zum Zweiten tritt aber auch hervor, dass die bloße Ablösung des „Westens“ keineswegs den Weg in eine Alternative zu den heute herrschenden krisenhaften Grundverhältnissen unserer Welt frei macht oder gar fördert. Im Gegenteil, wird im Zuge des Machtwechsels in Syrien soeben der dort entwickelte Ansatz einer zukunftsweisenden Alternative gelinde gesagt bedrängt, wenn nicht gar unterdrückt – es geht um das Gebiet der kommunitären Selbstverwaltung „Rojava“, dass sich jetzt unter den Schutz des syrischen Staates begeben musste, um der türkischen Offensive zu entgehen.
In der herrschenden Berichterstattung erscheint „Rojava“ nur als das kurdische Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei und es wird der Eindruck erweckt, als ginge es dort allein im kurdischen Separatismus, dessen Ziel ein eigener kurdischer Nationalstaat sei. Tatsächlich handelt es sich bei „Rojava“ um eine multi-ethnische Konföderation selbstverwalteter Kommunen, die in grundsätzlicher Kritik an den Zwängen des einheitlichen Nationalstaats ein ökologisch ausgelegtes Konzept demokratischer Selbstbestimmung im Norden Syriens entwickelte, das die Unterschiede von Geschlecht, Rasse Religion überwinden will. Theoretisch nachzulesen ist das Konzept bei Abdulla Öcalan, dem in der Türkei inhaftierten ehemaligen PKK-Chef, der dies in Kritik seiner früheren Positionen entwickelt hat. (Angaben zu Öcalan: siehe unten)
Im Ansatz von „Rojava“ liegen Impulse, die über die bloße Stabilisierung der in die Krise gekommenen herrschenden Verhältnisse hinausweisen. In seiner grundsätzlichen Kritik am Nationalstaat, seiner Fokussierung auf Selbstbestimmung, Selbstverwaltung und in seiner ökologischen Orientierung kommt das Konzept „Rojavas“ in die Nähe der auf Rudolf Steiner zurückgehenden Impulse zur „Dreigliederung des sozialen Organismus“.
Wir haben daher beschlossen, das Konzept des „Demokratischen Konföderalismus“ von Öcalan zusammen mit den „Kernpunkten zur sozialen Frage“, in der die Dreigliederung des sozialen Organismus entwickelt wird, für das nächste Forums-Treffen auf die TO zu setzen, um zu prüfen, ob und wie diese Impulse sich gegenseitig stärken können.
Zur Vorbereitung:
Abdulla Öcalan:
Im Internet: http//ocalanbooks.com/#book/demokratischer-konfoederalismus (zum Herunterladen)
Im Buchhandel: International Initiative Edition in Mesopotamien-Verlag, Neuss
Rudolf Steiner:
„Kernpunkte der Sozialen Frage“, Buchhandel
Als Orientierungshilfe haben wir auch zwei knappe Texte von Kai Ehlers zu den Vorgängen in Syrien beigegeben. (siehe Anhang 1)
Das Treffen ist für den 08.12.2019 um 15.00 angesetzt, am gleichen Ort wie üblich.
Bitte bringt eine Kleinigkeit zum Knabbern mit und meldet Euch an, wenn möglich. Freunde und Freundinnen, interessierte Gäste, streitbare Geister sind willkommen.
Anmeldungen ggfls. über die Adresse www.kai-ehlers.de
Seid herzlich gegrüßt,
Kai Ehlers, Christoph Sträßner
P.S.
Es gilt, was immer gilt: Wer keine Berichte vom „Forum integrierte Gesellschaft“ mehr bekommen möchte – kurze Rückmeldung genügt.