Dass es in Syrien nicht um das Wohlergehen der dort lebenden Menschen geht, bedarf keiner Beweise: 400.000 Tote, 11,6 Millionen Menschen auf der Flucht, ein zerstörtes Land. Diese Tatsachen sprechen für sich. Dass dem Terrorismus mit Bomben nicht beizukommen ist, gleich, wo sie produziert, von wem sie abgeworfen werden und wie entschlossen sich alle Beteiligten geben, ist ebenso offensichtlich. Dass es um den geostrategischen Zugriff auf diesen Raum geht, um Zugriff auf Ressourcen, um den Zugang zum Mittelmeer wie auch zum Indischen Ozean, ist auch klar.
Im syrischen Krieg geht es nicht nur um das Abstecken von Interessensphären, nicht nur um den unmittelbaren Zugriff auf Ressourcen, in Syrien geht es darüber hinaus um die viel weiter führende Frage, WIE das geschieht. Wie werden die divergierenden Interessen einer vielfältiger werdenden Welt in Zukunft miteinander in Übereinstimmung gebracht – durch nackte Gewalt oder durch internationale Kooperation oder gar – darüber hinaus – durch neue Formen des Arbeitens und miteinander Lebens, die über die heute noch herrschenden Ausbeutungsverhältnisse hinausführen?
Was als Herausforderung aus dem syrischen Kampffeld hervortritt, ist die Notwendigkeit einer völkerrechtlichen Ordnung, die staatliche Souveränität, Selbstbestimmungsrecht der Völker und Selbstbestimmungsrecht des Individuums in ein neues Verhältnis zueinander bringt.
In der Antwort auf diese Frage liegt zugleich die mögliche Lösung des terroristischen Problems, die nur eine Zukunft hat, wenn die Welt nicht dem Diktat einer einzigen globalen Macht, klar gesprochen, dem Modell des amerikanisch dominierten Finanzkapitalismus unterworfen ist.
Vor diesem Hintergrund ist die Zurückweisung der von den USA betriebenen Strategie der „kreativen Zerstörung“ und deren Ablösung durch eine Orientierung auf Stabilität und strikte Einhaltung der nationalen Souveränität im Rahmen einer reformierten UN, wie Russland es vorschlägt, heute die rationalste Alternative, eine Art Minimalkonsens in Form eines globalen Stabilitäts- und Entwicklungspaktes – wenn sich nicht nur eine gewaltsame Ablösung des bisherigen Hegemons USA durch einen anderen vollziehen soll. Ein solcher Pakt könnte den Rahmen für die Bearbeitung der anstehenden Fragen abgeben. Eine Lösung ist er allerdings noch nicht.
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